Transparenz im Projektmanagement

Transparenz im Projektmanagement
Überschätzt oder notwendig?

Warum scheitern viele unserer wichtigsten Projekte so häufig, obwohl wir sie bestmöglich planen, staffen, budgetieren, kontrollieren und ausführen?

Meine These dazu lautet, dass wir direkt am Start des Projektes dazu neigen, einige scheinbar unbedeutende Weichenstellungen zu legen, die sich später spektakulär und krachend rächen. Fallstricke gibt es bei der Wahl der Projektmethode, bei der Verwaltung der Planung, der Rechteverwaltung, und sogar schon bei der bloßen Auswahl der Planungssoftware. Aber die größte Bedrohung ist das grundsätzliche Fehlen von Transparenz für Stakeholder, Kunden und sogar Projektmitarbeiter.

Das Wort „Transparenz“ hat mehrere Definitionen. Im Duden wird der Begriff bildungssprachlich als das Durchscheinbare und das Durchsichtige umschrieben. In der Optik ist ein Maß für Lichtdurchlässigkeit gemeint. Und in der Welt des Projektmanagements ist eine Methodik gemeint, die Informationen unterbrechungsfrei zu allen Akteuren ausbreitet.

Das hört sich gut an. Doch in der Realität ist die Projektwelt etwas komplizierter. Das bloße Herumliegen von Informationen löst das Problem der Transparenz nicht. Manchmal scheint ein transparent aufgestelltes Projekt mit klar formulierten Zielen wie eine Blackbox auf alle Beteiligten zu wirken.

Warum ist das so?

Worum geht es?

In diesem Artikel zeige ich, warum wir uns alle an Intransparenz im Unternehmen gewöhnt haben und wo diese ursprünglich herkommt. Ich zeige die Bruchstellen, durch die mehr und mehr Transparenz in Unternehmen Einzug hält, und gehe auf die negativen Folgen von Intransparenz im Projekt ein. Abschließend zeige ich einfache Methoden für die Optimierung von Projekten und Homeoffice-Arbeit.

TLDR:

Wenn Sie Augenhöhe bei Planung und Ausführung von Projekten fördern, Verantwortung breit rotieren, Kommunikation durch frequente Meetingstrukturen einfordern und generell alle Informationen im Projekt rollenunabhängig verfügbar machen, erzeugen Sie ein breites Commitment. Denn nur wer freien Zugriff auf alle Projektinformationen hat und sich ständig mit anderen Mitarbeitern austauschen kann, leistet über seinen Arbeitsvertrag hinaus eine weitere, unsichtbare Unterschrift: Auf das gemeinsame Projektziel.


Die klassische Kultur 

Um die oft herrschende Intransparenz in modernen Unternehmen zu verstehen, müssen wir die Evolution unserer modernen Arbeitskultur einmal kurz betrachten. Die tradierte Form, Projektmitarbeiter aufzustellen und Aufgaben gemeinsam zu bearbeiten, orientiert sich an einer alten Theorie, die in der Arbeits- und Wirtschaftssoziologie als „Arbeitsteilung“ definiert wird. Wissenschaftler wie der französische Arbeitsforscher Emile Durkheim haben, unter dem Eindruck der Industrialisierung, die Evolution einzelner Experten zu einem funktionierenden Ganzen vollständig beschrieben: Eine Dorfgemeinschaft spezialisiert sich zum Wohle der Einwohner (ein Bäcker, ein Milchbauer, ein Bürgermeister usw.). Aus einzelnen Spezialisten und Verantwortlichkeiten entsteht ein eine schlagkräftige Organisation. So zumindest die Theorie. Wenn Sie heute eine Visualisierung des Prinzips der Arbeitsteilung erhalten möchten, schauen Sie sich ein beliebiges Organigramm einer großen wirtschaftlichen oder staatlichen Organisation an. Die Überlegung hinter dieser Theorie, man könnte auch polemischer „Hoffnung“ sagen, ist, dass Arbeitsprodukte besser werden, wenn sich exzellente Mitarbeiter mit hoher Spezialisierung auf ihren Verantwortungsbereich konzentrieren. Der (interne) Blick über den Tellerrand wird stets eingeschränkt, um Konzentration und Effektivität nicht zu bedrohen. Die unausgesprochene Prämisse ist dabei: Dem internen oder externen Kunden sind die wie auch immer wirkenden Arbeitsprozesse hinter seinem Produkt egal. Er will am Ende einfach nur ein gutes Produkt in den Händen halten. Die Wahrheit ist, dass diese Zeit allmählich zu Ende geht.


Viele Unternehmen wurden in der Vergangenheit auf klassische Weise aufgestellt: In den Silos der Spezialisierung. Das Credo: Trenne die Funktionen sauber ab und du erhältst die beste Effizienz und das exzellenteste Arbeitsergebnis. Heutzutage ist das obsolet. Es gibt drei sichtbare Hinweisstellen:

  • Unternehmen haben in den letzten Jahrzehnten die ehemals autarken Elemente ihrer Organisation mit übergreifenden Querschnittsfunktionen versehen, um Silo-Defizite zu heilen. Das hat teilweise nur einen scheinbaren Effekt auf erhöhte Transparenz gebracht. Denn die Transformation zur Matrix-Organisation sorgt für ihre ganz eigene Komplexität. Der Punkt aber ist: Die Ineffizienz der Funktionstrennung wurde erkannt und in aktuellen Org-Charts teilweise aufgebrochen
  • Das Know-how der Workforce verbreitert sich. Vorbei die Zeiten, wo Unternehmen nur Wirtschaftswissenschaftler und Juristen einstellten. Heute brauchen Organisationen einen gesunden Mix aus verschiedenen Fähigkeiten: Physiker, Geografen, Geisteswissenschaftler usw. Gerne werden auch überzeugende Quereinsteiger rekrutiert. Die Folge ist eine stärkere fachliche Heterogenität der Organisation. Wer nach dem alten Schema F rekrutiert, reduziert im Vergleich zur Konkurrenz die Vielfalt und die innovative Schlagkraft seiner Mitarbeiter und hat am Ende einen Nachteil zur Konkurrenz
  • Im letzten Jahrzehnt haben agile Methoden selbst traditionsreiche Großunternehmen erreicht. Jeder klassische Projektleiter, auch als größter Traditionalist, kennt die Bedeutung von Stand-Ups, MVPs oder hat schon von einem „Product Owner“ als Begrifflichkeit gehört. Es wird langsam klar, dass ein Team von Menschen in einem Projekt durch übergreifende Transparenz und einen besseren (in Häppchen dargereichten) Blick auf das gemeinsame Ziel besser kollaboriert und bessere Resultate erreichen kann. Informationen werden auch hier in Tendenz nicht mehr von Projektrollen und Funktionen stark eingeschränkt

Diese drei Entwicklungen weisen darauf hin, dass die alte Theorie der Arbeitsteilung nicht uneingeschränkt effizient bleiben kann. Aber jahrzehntelang verfestigte Silos lassen sich nicht über Nacht in einem agilen Handstreich übernehmen, so dass wir von einem graduellen Wandel sprechen müssen.

Der agile Bruch mit der Klassik


Die Crux mit dem Agilen

Es ist daher verständlich, dass klassisch orientierte Unternehmen viele Probleme in der (akademisch richtigen) Umsetzung agiler Projektmethoden haben. Vielfach bleibt es in großen Konzernen nach ersten Gehversuchen bei einem Lippenbekenntnis zur Agilität. Oder es kommt zu einem ganz unternehmenseigenen Mix der Methoden. Manchmal steht auch agil drauf, wo in Wahrheit Wasserfall herrscht. Die Agilität funktioniert im kleinen Start-Up eher, weil die Teams überschaubarer sind. Agilität wirkt hier wie ein Transparenzverstärker. In größeren Unternehmen mit tausenden von Mitarbeitern muss der Ansatz deutlich mehr Hindernisse überwinden, als nur die Einwände der klassischen Traditionalisten. In einem überkomplexen Gefüge verschiedener Unternehmensfunktionen wirkt er wie ein Kulturschock ohne Vorteile. Und sogar: Ganz falsch verstanden und ausgeführt erzeugt Agilität gänzlich neue, ultra-bürokratische Hürden im Projektablauf.

Dabei wird vergessen: Nicht die Methoden sind der Grund für den agilen Siegeszugs der letzten Jahre. Der wesentliche Erfolgstreiber des agilen Projektmanagements ist der Umgang mit Informationen.

Daher lautet meine These: Die agilen Projektmethoden sind effektiv, weil sie das Thema Transparenz auf ihre Weise großschreiben. Mitarbeiter fühlen sich auf Augenhöhe. In Dailys, Stand-Ups und Retros wird eine Atmosphäre erzeugt, in der jeder Teilnehmer sich abgeholt fühlt. Feedbacks sind nicht nur erlaubt, sondern werden ein Mantra. Ziele sind nicht komplex, sondern einfach, weil sie in verdaubare Häppchen komprimient werden. Das Team-Gefühl funktioniert, weil die Strukturelemente des Agilen die Informationsweitergabe fördern. Im Gegensatz dazu funktioniert es schlechter, wenn wenige exzellente Visionäre die Strategie formulieren. Denn: Nicht jeder unterwirft sich Projektzielen blind, an deren Erstellung er nicht teilnimmt. Selbst wenn die von Einzelnen formulierte Vision objektiv betrachtet die beste Entscheidung ist. Und noch viel schlimmer ist: Verantwortliche merken im schlimmsten Falle gar nicht, dass die Vision oder Strategie nicht angekommen ist, weil Ihre Mitarbeiter rein phänomenologisch ihre Arbeiten gut oder zufriedenstellend ausführen. Sie arbeiten aber weiterhin ohne Verständnis für die hinter den Projekten liegenden Ziele. Das muss noch nicht mal bewusst geschehen.

Für mich ist das eine Sonderform der bekannten inneren Kündigung. Sie ist in dem Maße vergleichbar mit dem Klassiker, weil der Mitarbeiter die Vorgaben und Projektziele (teilweise unbewusst) nicht akzeptiert. Der Unterschied ist, dass Mitarbeiter in dieser Sonderform weiterhin völlig normale vertikale Aufstiegschancen haben. Sie sind aber in ihrem Tun nicht auf der Höhe Ihrer Exzellenz, denn die Verabredung auf ein gemeinsames Ziel hat nicht stattgefunden. Und das erzeugt ein massives psychologisches Problem, denn es führt bei Projektmitarbeitern zu reduzierter Motivation, gedämpfter Loyalität und zu mediokren Produkten. All das ist eine Folge der Intransparenz und der Zerschneidung von Projektarbeit in vermeintlich bissfertige Tortenstücke.

Bei einer "klassischen" inneren Kündigung wird impliziert, dass der Mitarbeiter aufgrund eigener Defizite (Unlust, Motivationslosigkeit) seinen versteckten Ausstieg aus dem Unternehmen durchführt. Bei der von mir gemeinten Sonderform kann der Mitarbeiter aufgrund von Intransparenz das große Gefüge gar nicht erst verstehen, in dem seine Arbeit einbetettet ist. Er arbeitet im besten Fall daher nur noch ab, anstatt sich auf Gesamtziele zu commiten. Und die Schuld an der Situation liegt hier vollständig bei den Projektaufstellern, die für das Herstellen von Transparenz zuständig sind.


Wenn Sie Mitarbeiter von einigen Projektinhalten aussperren, verlieren Sie diese Mitarbeiter als „echte“ Mitstreiter für das Gesamtziel:

  • Verantwortungsdefizite: Wenn z.B. ein Mitarbeiter eines Teilprojektes A nicht die Deadlines von Teilprojekt B einsehen kann, wird er sich dafür nicht verantwortlich fühlen. Das gilt sogar für den Fall, dass er ein Arbeitsergebnis von TP B zwingen für seine Arbeit braucht. Die Folge ist ein verstärktes „echtes“ Interesse für den eigenen Bereich und Desinteresse für den Rest
  • Mindset-Defizite: Durch die Abkapselung entstehen im schlimmsten Fall sogar Begrifflichkeiten wie „Wir“ und „Die“ im gleichen Projekt
  • „Big Picture“-Defizite: Die Einschränkungen implizieren zwangsläufig immer, dass jemand anderes Verantwortung für Gesamtverständnis und Gesamterfolg des Projekts hat

In der Folge entsteht eine Abkopplung der Mitarbeiter. Die Wirkung auf das Projekt ist vernichtend: Plötzlich ist der Gesamterfolg nur noch sekundär und der Erfolg der eigenen Abteilung/Teilprojekt/Gruppe usw. das primäre Ziel der Mitarbeiter. In Folge wird das Verantwortungsgefühl für die Gesamtanstrengung „Projekt“ stark reduziert.

Wenn Sie Mitarbeiter von Projektinhalten aussperren, verlieren Sie diese Mitarbeiter als „echte“ Mitstreiter für das Gesamtziel. Stattdessen erhalten Sie reine Dienstleister an den zugewiesenen Funktionen. Dadurch entstehen in der Workforce:

  • Verantwortungsdefizite: Wenn z.B. ein Mitarbeiter eines Teilprojektes A nicht die Deadlines von Teilprojekt B einsehen kann, wird er sich dafür nicht verantwortlich fühlen. Das gilt auch für den Fall, dass er ein Arbeitsergebnis von TP B zwingend für seine Arbeit benötigt. Die Folge ist ein übertrieben ausgeprägtes Interesse für den eigenen Bereich und ein Desinteresse an den Gesamtprozessen
  • Team- und Mindset-Defizite: Durch die Abkapselung kann kein Teamgefüge und eine gemeinsame Augenhöhe erreicht werden. Im schlimmsten Fall entstehen sogar Begrifflichkeiten wie „Wir“ und „Die“ im gleichen Projekt. Dies wird am deutlichsten bei Problemen ersichtlich. 
  • „Big Picture“-Defizite: Die Einschränkungen implizieren zwangsläufig immer, dass jemand anderes eine Verantwortung für Gesamtverständnis und Gesamterfolg im Projekts trägt (hierarchisch ist das vielleicht sogar so - praktisch ist das zu vermeiden)

In der Folge entsteht eine Abkopplung der Mitarbeiter. Die Wirkung auf das Projekt ist vernichtend: Plötzlich ist der Gesamterfolg nur noch sekundär und der Erfolg der eigenen Abteilung/Teilprojekt/Gruppe usw. das primäre Ziel der Mitarbeiter. Das breite Verantwortungsgefühl für die Gesamtanstrengung „Projekt“ wird stark reduziert auf die KPIs der Teilbereiche oder gar auf individuelle Ziele.

Folgen der Intransparenz


Look, what the cat dragged in: Komplexität

Transparenz allein gewinnt die Schlacht noch nicht. Gesetzt den Fall, Sie arbeiten an einem komplexen Großprojekt und haben einen transparenten Plan. Die Stakeholder haben ihre Erwartungen ganz klar geäußert. Jeder Projektteilnehmer, sei er in Funktion noch so kleinteilig unterwegs, kennt das große wie die kleinen Ziele. Jeder Mitarbeiter kann autonom und effizient seine Arbeiten erledigen und in den Plan schauen. Aber der Plan ist komplex. Wenn Sie ein Tool einsetzen, von dem Sie dachten, dass es sich durch eine mitgebrachte Abfragesyntax besonders professionell filtern lässt, ertappen Sie sich bei der Sorge, dass nun Mitarbeiter falsche Abfragen ausführen (was sie stets mal tun werden). Oder den Plan falsch interpretieren (was sie auch tun). Oder grundsätzlich aufgrund der Komplexität des Planes die Augen für das Gesamtgefüge zukneifen oder gar die (aktive) Arbeit am Plan verweigern.

Wenn man es falsch anstellt, produziert die Transparenz von Informationen eine größere Komplexität als eine eingeschränkte Blackbox. Aber machen Sie sich dieses Argument nicht zu Eigen! Ein Projekt ist immer unabhängig von seiner Transparenz komplex. Daher gilt: Komplexität müssen Sie immer reduzieren, egal ob sie transparent oder intransparent unterwegs sind. Intransparent können Sie allerdings verantwortungsloser damit umgehen. Planungsverantwortliche mit dieser Verschleierungstaktik fallen aber oft auf die Nase. Jedes Versteckspiel wird spätestens beim schlechten Endergebnis aufgedeckt. Daher schützt Transparenz wie Intransparenz erst mal nicht vor Misserfolg. Stakeholder, Budgetverantwortliche, Mitarbeiter und Kunden merken sehr wohl, dass die Planung unzureichend war. Im Gegensatz dazu zwingt die völlige Offenlegung zur Reduktion von Komplexität. Sie ermöglicht auch einen neuen Blick der Mitarbeiter auf die Planung. Schwarmfaktoren verbessern dann die Abläufe oder führen zu Feedback, dass auch geübte Projektleiter positiv erstaunen wird. Und nur mit der Planung vollständig abgeholte Mitarbeiter können effektiv ausführen. Daher muss Transparenz mit einer Reduktion von Komplexität einhergehen – sonst ist die Durchlässigkeit wertlos.

Transparenz allein gewinnt die Schlacht noch nicht. Gesetzt den Fall, Sie arbeiten an einem komplexen Großprojekt und haben einen transparenten Plan. Die Stakeholder haben ihre Erwartungen ganz klar geäußert. Jeder Projektteilnehmer, sei er in Funktion noch so kleinteilig unterwegs, kennt das große wie die kleinen Ziele. Jeder Mitarbeiter kann autonom und effizient seine Arbeiten erledigen und in den Plan schauen. Aber der Plan ist komplex. Wenn Sie ein Tool einsetzen, von dem Sie dachten, dass es sich durch eine mitgebrachte Abfragesyntax besonders professionell filtern lässt, ertappen Sie sich bei der Sorge, dass nun Mitarbeiter falsche Abfragen ausführen (was sie stets mal tun werden). Oder den Plan falsch interpretieren (was sie auch tun). Oder grundsätzlich aufgrund der Komplexität des Planes die Augen für das Gesamtgefüge zukneifen oder gar die (aktive) Arbeit am Plan verweigern.

Wenn man es falsch anstellt, produziert die Transparenz von Informationen eine größere Komplexität als eine eingeschränkte Blackbox. Aber machen Sie sich dieses Argument nicht zu Eigen! Ein Projekt ist immer unabhängig von seiner Transparenz komplex. Daher gilt: Komplexität müssen Sie immer reduzieren, egal ob sie transparent oder intransparent unterwegs sind. Intransparent können Sie allerdings verantwortungsloser damit umgehen. Planungsverantwortliche mit dieser Verschleierungstaktik fallen aber oft auf die Nase. Jedes Versteckspiel wird spätestens beim schlechten Endergebnis aufgedeckt. Daher schützt Transparenz wie Intransparenz erst mal nicht vor Misserfolg. Stakeholder, Budgetverantwortliche, Mitarbeiter und Kunden merken sehr wohl, dass die Planung unzureichend war. Im Gegensatz dazu zwingt die völlige Offenlegung zur Reduktion von Komplexität. Sie ermöglicht auch einen neuen Blick der Mitarbeiter auf die Planung. Schwarmfaktoren verbessern dann die Abläufe oder führen zu Feedback, dass auch geübte Projektleiter positiv erstaunen wird. Und nur mit der Planung vollständig abgeholte Mitarbeiter können effektiv ausführen. Daher muss Transparenz mit einer Reduktion von Komplexität einhergehen – sonst ist die Durchlässigkeit wertlos.


Ist die Komplexität erst im Griff und sind alle Mitarbeiter an Board, fängt der eigentliche Spaß am Projektmanagement erst richtig an. Etablieren Sie eine Kultur der gemeinsamen Verantwortung. Jeder sollte die Ziele und Deadlines aller Individuen einsehen können. Es sollte keine "Geheimnisse" und keine "taktische" Zurückhaltung von Projektinformationen geben – nur so kann Augenhöhe hergestellt werden. Ist dieses Argument aufgrund der Art der Planung ausgeräumt, übernehmen Menschen williger Verantwortung. Nächster Evolutionsschritt: Fehlerbehandlung. Individuelle Fehler werden immer gemacht werden. Selbst dieser Artikel, den ich alleine sorgfältig bearbeite, wird womöglich ein oder zwei Fehler beinhalten. Dafür bin ich allein verantwortlich. Aber im Projekt sind Sie im Gegensatz zu einem Artikelschreiber im TEAM. Im Erfolgsfall ist das ganze Team mit der Summe seiner Individualleistung verantwortlich. Warum sollten dann Fehler und Issues anders behandelt werden? Gehen Sie daher auch mit Fehlern vor: Kompensieren Sie diese gemeinsam. Wenn das Kollektiv die Verantwortung für individuelle Fehler übernimmt, wird sich jeder anstrengen, diese zu vermeiden. Sie werden sich wundern, welches hohe Tempo und welche geringe Fehlerintensität ein Projektteam hat, wenn es durch vollständige Transparenz ernst genommen wird. Und Sie werden feststellen, dass eine offene und positive Fehlerbehandlung zu mehr Verantwortungsbewusstsein führt. In einer funktionierenden Organisation kennt jeder jeden Arbeitsschritt und kann im Notfall auch eine „unbekannte“ Verantwortung übernehmen. Verantwortung sollte nicht „liegen“ oder fest „zugewiesen“ sein, sondern im besten Fall rotieren. In der höheren Polizeiarbeit ist das ein bekanntes Prinzip. Amerikanische Polizeibeamte im höheren Dienst wechseln z.B. die „Primary“-Rolle (führender Beamter für die Fallbehandlung mit Weisungsbefugniss) ab, damit jeder Kriminalist stets Fallverantwortung übernehmen kann und in Übung bleibt. Dies führt auch dazu, dass unerfahrenere Mitarbeiter mal senioreren weisungsbefugt sind und Verantwortung übernehmen können. Denn wie eine Sprache kann man Verantwortung lernen (und auch wieder verlernen, wenn man sie nicht einsetzt). Verantwortungsrotation ist daher wie der Herzschlag einer gesunden Organisation. Wenn stets die Gleichen die Verantwortung haben, laufen alle wichtigen Entscheidungen stets die gleichen Venen ab. Ein anderer Teil im Körper "verlernt" diese Arbeitm die gleichzeitig auch mehr ist als nur eine Entscheidung. Sie ist auch gelebte Verantwortung. Wenn nun wesentliche Elemente eines Projektes bei Überlast/Mehrfachbelastung oder bloßer urlaubsbedingter Abwesenheit einbrechen, ist keiner da, um in gleicher Intensität einzuspringen. Und mit den o.a. psychologischen Effekten wird stets impliziert, dass immer jemand etwas geigneter ist, um wichtige Verantwortung zu übernehmen. Wie soll aus dieser Situation bei Mitarbeitern ein Eifer und eine Motivation entstehen, für größere Ziele als für die eigenen zu kämpfen?

Ein weiterer Faktor ist die Verantwortungszuweisung. Es wichtig, immer nur eine einzige Funktion oder eine Einzelperson für ein Element der Planung (z.B. einen Task) vorzusehen. Wenn Sie das Prinzip "Es kann nur einen geben" nicht befolgen, erhöhen Sie nur die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs. Sie multiplizieren Zuständigkeiten auf einen Task und verwechseln das mit einem Mehrfachen an Engagement. Während der Arbeit an solchen mehrfach belegten Tasks entstehen eher öfter negative Erlebnisse (z.B. unterschiedlich wahrgenommener Arbeitsaufwand, ungleiche Verantwortung etc.). Und schließlich und der wichtigste Einwand:
Bei Problemen und Issues wird öfter als sonst eine breite Erklärungsarbeit präsentiert, warum es hier aufgrund x oder y per se zum Scheitern kommen musste. Sparen Sie sich das. Wenn Sie nur einem Menschen die Verantwortung geben, signalisieren Sie:

"Hier ist dein Task. Es ist jetzt zufällig deiner. Nur du bist dafür verantwortlich. Viele arbeiten daran, aber nur du gibst die Erklärungen und die Rechenschaft zu diesem Task ab." 

Und wenn Sie niemanden übergehen wollen, oder sich viele verantwortlich fühlen (sehr gut!), so nutzen Sie einfach einen Zufallsprinzip bei der Auswahl von Verantwortlichen. Wenn Sie wie oben bereits geschrieben, ein Rotationsprinzip der Verantwortung praktizieren, wird sich die Frage nach dem Übergehen Einzelner gar nicht erst stellen. Und Sie stellen sicher, dass jeder im Team weiß, dass der gerade Verantwortliche „einer von Ihnen“ ist. Das demokratische Prinzip im Projektmanagement sichert nicht nur das „Wir-Gefühl“ ab, sondern kann den Teamgeist neu beflügeln.

Wenn Sie allerdings ein Projekt so planen wie die Etagenbelegung eines neuen Büroturms, bekommen Sie Probleme. Setzen Sie stattdessen die gleiche Augenhöhe für alle Beteiligten durch. Dann können sie eine gemeinsame Verantwortung sicherstellen. UndVersäumnisse, selbst schwerste individuelle Fehler, werden nur als das betrachtet, was sie sind und immer sein sollten: Hindernisse auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ziel, von einer echten Projektgemeinschaft im Nu gelöst und in Wahrheit: Nicht der Rede wert.

Transparenz ist ein Brandbeschleuniger für Verantwortung


Und Corona? Work@Home?

Die aktuell sinnvollen Hygieneregeln entzerren lokale Teams und intensivieren die dezentrale Arbeit. Immer öfter werden in Zukunft Projekte durchgeführt, wo ein Teil der Mannschaft nicht lokal erreichbar ist. Und womöglich kennen Sie diesen Zustand sogar schon teilweise aus der Zeit vor Corona. Diese physikalische Entzerrung und verstärkte Heimarbeit ist eine perfekte Gelegenheit für Ihre Organisation, zu einer neuen Reife im Projektmanagement zu gelangen. Nutzen Sie eine Planungssoftware, die es Ihnen ermöglicht, Details Ihrer Planung in Videokonferenzen zu besprechen. Wenn Sie die oben angemerkten Argumente
- Transparenz für alle Projektbeteiligten
- das Rotationsprinzip
- stringente Verantwortlichkeit
in die Struktur Ihrer Remotebesprechungen einbauen, werden langweilige Planungsbesprechungen über Videokonferenzen plötzlich zur Lebensader ihrer Projekte. Sie werden feststellen, dass sich Mitarbeiter auf breiter Front engagieren, sich als Team verstehen und Inhalte viel effizienter bearbeiten. Vergeben Sie ein Timelimit für die Statusmeldungen zu offenen Projekttasks unabhängig von ihrer Komplexität (Demokratisierung der Wortmeldung) und erzeugen Sie eine Struktur, in der Sie digitale Planungsbesprechungen, Daily Scrums oder Projektstatusmeetings für alle Beteiligten so effizient machen wie die lokale Arbeit im Büro.


Egal, ob Sie klassisch, agil oder in einer kulturellen Eigenart aus beidem unterwegs sind: Sperren Sie Mitarbeiter nicht aus dem Projektplan aus. Lassen Sie zu, dass jeder jede Deadline kennt. Wählen Sie Software für die Planung, die nicht zu kompliziert ist. Und lassen Sie nicht zu, dass die Planung ein Drahtseilakt weniger Verantwortlicher wird. Installieren Sie keine Benutzerrechte, wenn Sie niemand dazu zwingt, und erklären Sie den Befürwortern von geschlossenen Planungsinseln, was in letzter Konsequenz aus solchen Entscheidungen zu erwarten ist. Nur dann profitieren Sie von den Schwarmeffekten in Ihrer Workforce.
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, haben Sie gesehen, dass der magische Trick der Agilität einfach nur darin besteht, mehrere Menschen zu einer verschworenen Gemeinschaft zu machen. Und Ihnen ein einfaches Ziel zu definieren. Und dann noch eins. Und dann das nächste. Daher können Sie Ihre Projekte besser machen, wenn Sie folgende Punkte beherzigen:

  • Die beste Methode, vieles effizient zu erledigen, ist immer nur eine Sache zu tun. Denken Sie daher nicht immer nur in Abschnitten und kritischen Pfaden. Verlieren Sie sich nicht in Anordnungsbeziehungen. Denken Sie einfach nur in Tasks
  • Bauen Sie sich kein verschachteltes Planungskunstwerk mit Sonderrechten auf, für dessen Maintenance Sie zwingend IT- oder PMO-Ressourcen brauchen
  • Weisen Sie Tasks immer nur einer natürlichen Person zu. Das mag im Einzelfall nicht gerecht sein, aber sie erhalten nur dadurch ein vollständiges Commitment auf den Task
  • Geben Sie allen Projektmitarbeitern Zugriff auf den vollständigen Plan. Verzichten Sie nicht auf ein breites Vertrauen und auf eine transparente Projektdurchführung
  • Forcieren Sie Komplexitätsreduktion in Ihrer Planung. Machen Sie allen klar: Der Plan ist kein Handbuch, keine Dokumentation und auch kein Handlungsablauf, sondern ein Teamprodukt innerhalb festgelegter Rahmenbedingungen/Termine
  • Rotieren Sie Verantwortung, wo Sie nur können. So entwickeln Sie Ihr Team und erzeugen eine homogene Einstellung. Der Plan wird dann tendenziell das aktive strategische Element der Gemeinschaft, anstatt das bloße Framework still vor sich hinarbeitender Individuen
  • Besprechen Sie Tasks, Entwicklungen und Issues immer in der Gemeinschaft. Machen Sie klar, dass keiner bei Fehlern das Gesicht verliert und etablieren Sie eine positive Teamreaktion bei individuellen Fehlern
  • Besprechen Sie den Plan und seinen Fortschritt regelmäßig, lokal oder auch in Videokonferenzen per Remotekonferenz. Nutzen Sie ein Timeboxing für Wortmeldungen und lassen Sie nur Taskverantwortliche sprechen, um die Meetings in vernüftigen Proportionen durchzuführen
  • Wenn Ihre Software nicht zweifelsfrei einem Einzelakteur oder einem Team ganz einfach die nächsten anstehenden Tasks präsentieren kann, intuitiv und ohne Handbuch, nutzen Sie wahrscheinlich eine falsche Planungssoftware

Wenn Sie sich im Projektmanagement diesen Punkten nähern können, werden Mitarbeiter auf persönlicher Ebene stärker involviert und können besser und autonomer arbeiten. Weil Sie alle Planungsinformationen transparent zur Verfügung stehen, kann ein Gesamtverständnis und ein Gesamtziel dabei herauskommen. Wenn Sie ein Planungstool verwenden, achten Sie auf eine einfache, schnell verständliche Darstellung der Informationen.
Ein Projekt ist komplexer als ein Bierdeckel. Aber komplexer als eine Sammlung von Bierdeckeln sollte es nicht sein. Eine gute Planung macht es aus, diese Bierdeckel zu einem nachvollziehbaren und eindeutigen Konstrukt zu verbinden, dass jeder Mitstreiter auf Anhieb verstehen kann. Vermeiden Sie daher Komplexität, wenn Sie nicht notwendig ist, aber gehen Sie in die Tiefe, wo ein komplexer Sachverhalt Ihnen keine Wahl lässt.

Dieses berühmte Zitat von Albert Einstein fasst das perfekt zusammen: „Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.“

Zusammenfassung